Haut und Beruf - Berufsbedingte Hauterkrankungen
Die Haut ist das größte Organ des Menschen und bildet mit ihrer beträchtlichen Oberfläche von ca. 2 qm einerseits eine Kontaktfläche zur Umwelt, andererseits auch einen Schutzwall gegenüber schädlichen Einflüssen aus der Umwelt. Die Haut ist für den Arbeitsmediziner/Betriebsmediziner deshalb von Interesse, da berufliche Einflüsse (physikalisch, chemisch, biologisch) die Schutzfunktion der Haut außer Funktion setzen können und damit sowohl die Haut selbst, als auch den ganzen Organismus schädigen können. Zu den Aufgaben des Betriebsarztes gehören sowohl die wirksame Prävention von Hauterkrankungen / Hautschädigungen durch Beratung von Beschäftigten und Unternehmern bei der Implementierung eines wirksamen betrieblichen Hautschutzkonzeptes, als auch die Früherkennung von beruflichen Hauterkrankungen.
Welche arbeitsbedingten Hauterkrankungen gibt es?
Ekzeme
Bei arbeitsbedingten Hauterkrankungen handelt es sich meist um irritative oder allergische Kontaktekzeme, die durch den direkten Kontakt mit einem oder mehreren Berufsstoffen hervorgerufen werden. Die irritativen Kontaktekzeme können akut auftreten oder sich allmählich entwickeln (subtoxisch kumulativ, Abnutzungsekzem). Bei allergischen Kontaktekzemen liegt meist eine Allergie mit Typ IV – Sensibilisierung (zellulär vermittelte Immunantwort) vor. Nach einmal erfolgter Sensibilisierung tritt ein Kontaktekzem auf, das nach Abheilung, bei jedem erneuten Allergenkontakt wieder auftreten wird. Bevor ein berufsbedingtes allergisches Kontaktekzem auftritt, besteht in der Regel schon ein subtoxisch kumulatives Abnutzungsekzem.
Es kommt auch häufig vor, dass ein bei dem Erwerbstätigen vorbestehendes atopisches Ekzem ("Neurodermitis") durch die Einwirkung von Berufsstoffen oder durch mechanische Belastung getriggert wird. Auch Mischformen dieser drei Gruppen sind möglich.
Berufsbedingte Ekzeme heilen in der ersten Zeit bei Arbeitsunterbrechung, wie bei längeren Urlauben ab.
Arbeitsbedingte Ekzeme kommen zum größten Teil im Bereich der Hände und Unterarme vor. Sie sind in ihrer Entstehung oft komplex und multifaktoriell, betreffen häufig jüngere Erwerbstätige, und neigen zur Chronifizierung, wenn sie nicht richtig behandelt werden.
Hautkrebserkrankungen und ihre Vorstufen
Verschiedene Berufsstoffe, z. B. Teer, Anthrazen, Arsen,… führen bei chronischer Einwirkung zu bösartigen Neubildungen der Haut ("Hautkrebs"). Es können Plattenepithelkarzinome und deren Vorstufen sowie Basalzellkarzinome (Basaliome) entstehen.
Es ist außerdem bekannt, dass es durch den Einfluss von ultravioletter Strahlung auf die Haut zu Hautschäden kommen kann. Die Lichtschädigung kann rein kosmetische Folgen haben (Hautalterung / Falten, Pigmentstörungen, Landmannshaut, …), sie kann aber auch zu bösartigen Neubildungen der Haut führen.
Zu den Hautkrebserkrankungen, für die eine berufliche Verursachung inzwischen als gesichert gilt, zählen das Plattenepithelkarzinom (spinozelluläres Karzinom) und dessen Vorstufe, die aktinische Keratose, bei der es sich um ein Carcinoma in situ handelt. Beim Basalzellkarzinom (Basaliom), dessen Entstehung mit der Einwirkung von UV-Strahlen in Verbindung gebracht wird, ist die wissenschaftliche Datenlage für eine berufliche Verursachung nicht schlüssig. Der "schwarze Hautkrebs", das maligne Melanom, gilt heute als mit Sicherheit nicht beruflich verursacht.
Welches sind die Berufskrankheiten der Haut?
Berufskrankheiten der Haut unterscheiden sich von arbeitsbedingten Hauterkrankungen dadurch, dass sie verschiedene sozial- und versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen müssen. Diese sind im Sozialgesetzbuch VII, § 9 festgelegt.
Berufskrankheiten müssen in der Berufskrankheitenliste (Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung) aufgeführt sein. In der Berufskrankheitenliste werden alle Hautekzemerkrankungen unter der BK-Ziffer 5101 zusammengefasst. Die BK-Ziffer 5102 umfasst Hautkrebserkrankungen durch Steinkohleteerderivate, unter der Ziffer 5103 (derzeit noch § 9(2)) werden künftig Hautkrebserkrankungen durch UV-Licht erfasst. Andere Hautkrebserkrankungen (z. B. durch Arsen) werden unter der jeweiligen stoffbezogenen BK-Ziffer geführt.
BK 5101 - Hautekzeme
Im Fall der allergischen u./o. irritativen Hautekzeme sieht der Gesetzgeber zusätzlich zu den o. g. Bedingungen noch mehrere einschränkende Bedingungen vor, deren Erfüllung die Voraussetzung für eine Anerkennung als Berufskrankheit ist:
Die Hauterkrankung muss schwer und/oder wiederholt rückfällig sein, und sie muss zur Aufgabe aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederauftreten der Erkrankung verantwortlich waren. Insbesondere diese Bedingungen führen dazu, dass berufliche Hauterkrankungen zwar die am häufigsten angezeigten beruflich bedingten Erkrankungen, jedoch bei weitem nicht die am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten darstellen.
BK 5102 - Hautkrebs durch Steinkohleteerderivate
Umfasst diejenigen Hautkrebserkrankungen, die durch die Einwirkung von verschiedenen Kohlenstoffverbindungen hervorgerufen werden.
BK 5103 - Hautkrebs durch UV-Strahlung
Im Januar 2015 wurde die BK 5103 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen. Diese neue BK umfasst die durch natürliche UV - Belastung bedingten Plattenepithelkarzinome und ihre Vorstufen, d.h. aktinische Keratosen, die durch die Einwirkung natürlichen UV-Lichtes verursacht wurden. Alle anderen UV-assoziierten Hautkrebserkrankungen fallen nicht unter diese BK.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist hier der Nachweis einer erheblichen berufsbezogenen UV - Belastung durch berufliche Tätigkeit im Freien. Maßgeblich ist die Höhe der zusätzlichen beruflichen UV- Belastung, der ein "Outdoor-worker" im Vergleich zu einem Durchschnittsmenschen ausgesetzt ist.
Die Standarderythemdosis (SED) der Deutschen Allgemeinbevölkerung pro Jahr ist 130 SED. Der Schätzwert für den Outdoorworker / Jahr beträgt 170 SED. Berechnet man nun
(Lebensalter x 130 SED ) + (Arbeitszeit x 170 SED ) = Gesamtsumme Lebenszeitexposition,
müsste für die Anerkennung eines Lichtschadens als Berufskrankheit die Belastung eines Outdoorworkers um mindestens 40 Prozent über der Belastung des Normalbürgers liegen.
Welche beruflichen Hautgefährdungen gibt es?
Die beruflichen Gefährdungen der Haut resultieren meist aus dem direkten Kontakt mit einer hautschädigenden physikalischen, chemischen oder biologischen Noxe. Ganz an der Spitze steht die Hautgefährdung durch den regelmäßigen Umgang mit Wasser; man spricht dabei auch von „Feuchtarbeit“. Bei den betroffenen Hautarealen handelt es sich meist um Hände und Unterarme, in sehr viel selteneren Fällen muss auch ein Hautkontakt an anderen Körperstellen, meist durch schadstoffhaltige / schadstoffgetränkte Kleidung oder Schuhe, oder luftgetragen durch Aerosole, in Betracht gezogen werden. Einzelheiten sind u. a. in der TRGS 401 "Gefährdungen durch Hautkontakt" enthalten.
Welche betrieblichen Hautschutzmaßnahmen stehen zur Verfügung?
Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung eine Hautgefährdung, so ist diese nach dem S-T-O-P-Prinzip zu minimieren.
Substitution: Es ist zu prüfen, ob der gefährdende Stoff nicht durch einen ungefährlichen oder zumindest weniger gefährlichen ersetzt werden kann.
Technische Schutzmaßnahmen: Die Kontaktzeit des Beschäftigten zum Schadstoff muss durch technische Maßnahmen (z .B. Kapselung, Automatisierung) weitestgehend minimiert werden.
Organisatorische Schutzmaßnahmen: Die Kontaktzeit des Beschäftigten zum Schadstoff muss durch organisatorische Maßnahmen (z .B. Rotation, Pausenzeiten) soweit wie möglich minimiert werden.
Persönliche Schutzausrüstung: Der Kontakt des Beschäftigten mit dem Schadstoff muss durch das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung (PSA z. B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung) vermieden oder weitestgehend minimiert werden.
Bei der Auswahl von Schutzhandschuhen ist die genaue Abstimmung des Handschuhs auf die gefährdende Tätigkeit ebenso wichtig wie der Tragekomfort für den Mitarbeiter, da ein optimal angepasster Handschuh auch die Tragecompliance (d. h. die Bereitschaft, ihn zu tragen) deutlich erhöht. Es sollten prinzipiell nur DIN-geprüfte Handschuhe verwendet werden (relevant sind die DIN-EN-Normen 374, 420 und 455). Hinsichtlich Spezifikationen, Durchbruchzeiten, Tragedauer etc. sind die Herstellerangaben zu beachten. Eine wichtige Rolle beim betrieblichen Hautschutz spielt das dreistufige Hautschutzkonzept, das aus der sachgemäßen Anwendung geeigneter Hautschutzcremes vor und während der Arbeit, aus der je nach Verschmutzungsgrad angemessenen Hautreinigung und aus der Anwendung von Hautpflegeprodukten nach der Arbeit besteht. Zu den Hautschutzprodukten gehören bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber UV-Strahlung auch entsprechende Produkte mit Lichtschutzfaktor. Zur Verankerung eines Hautschutzkonzeptes in einem Betrieb sind die Erstellung eines Hautschutzplans im Betrieb und eine regelmäßige Schulung der Mitarbeiter unabdingbar. Sinnvoll bei der Implementierung ist die Zusammenarbeit mit dem für den Betrieb zuständigen Unfallversicherungsträger.
Was ist bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge hinsichtlich der Haut zu beachten?
Die Notwendigkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung. Den Vorgaben der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ist zu entsprechen. Bei Tätigkeiten an Arbeitsplätzen, an denen ein direkter, regelmäßiger Hautkontakt zu allergen oder irritativ wirkenden Stoffen nicht vermieden werden kann, und somit ein erhöhtes Hauterkrankungsrisiko besteht, ist die arbeitsmedizinische Vorsorge angezeigt. Pflichtvorsorge ist zu veranlassen bei Exposition gegenüber Diisocyanaten, unausgehärteten Epoxidharzen, Latexprotein (Handschuhe) und Feuchtarbeit über mehr als 4 Stunden.
Unter Feuchtarbeit versteht man Tätigkeiten, die die Haut einem nassen Milieu aussetzen. Hierzu zählen offensichtliche, die Haut mit Flüssigkeit benetzende Tätigkeiten, aber auch das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen über längere Zeit. Bei der Feuchtarbeit sind das Wasser bzw. der Schweiß, der sich bei längerem Handschuhtragen entwickelt, wie ein Gefahrstoff zu werten, es gelten deshalb auch die Vorgaben der TRGS 401. Zu den klassischen Feuchtarbeitsberufen zählen z. B. die Heil- und Pflegeberufe. Ab einer Dauer von 2 Stunden Feuchtarbeit pro Arbeitsschicht ist vom Arbeitgeber eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, ab 4 Stunden ist eine Pflichtvorsorge durchzuführen.
Was sollte der Betriebsarzt tun, wenn Hautveränderungen auftreten?
Der Betriebsarzt berät sowohl den Unternehmer als auch den Beschäftigten (im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge) in allen Fragen des betrieblichen Gesundheitsschutzes.
Sollten bei einem Beschäftigten Hautveränderungen auftreten, so sind das Hautschutzkonzept und dessen Umsetzung zu überprüfen und der Beschäftigte ist entsprechend zu beraten. Gegebenenfalls kann die Vorstellung beim Dermatologen empfohlen werden. Sollten trotz ausreichender Implementierung von Hautschutzmaßnahmen Hautveränderungen auftreten oder persistieren, die auf einen beruflichen Zusammenhang schließen lassen, kann der Betriebsarzt die Hilfe des Unfallversicherungsträgers in Anspruch nehmen.
Er informiert, das Einverständnis des Beschäftigten vorausgesetzt, den UV-Träger mit Hilfe des "Betriebsärztlichen Gefährdungsberichtes Haut", alternativ kann auch ein "Hautarztbericht" erstattet werden. Vordrucke für diese Berichte sind im Internet unter diesen Begriffen erhältlich.
Sollte der begründete Verdacht auf eine manifeste beruflich bedingte Hauterkrankung bestehen, so ist vom Betriebsarzt eine BK – Anzeige zu erstatten. Diese ist von Seiten des Beschäftigten nicht zustimmungspflichtig (§ 202 SGB VII).
Das Einverständnis des Versicherten (also des betroffenen Beschäftigten) vorausgesetzt, wird der Unfallversicherungsträger beim Betriebsarzt, bei evtl. beteiligten Hautärzten etc. die nötigen Informationen über die Erkrankung einholen und den Betriebsarzt über evtl. nötige weitere Präventionsmaßnahmen unterrichten, Hautärzten Behandlungsaufträge erteilen etc. Der Präventionsdienst des UV-Trägers sollte bei der Ermittlung der Arbeitsanamnese den Betriebsarzt einbinden.
Der Betriebsarzt wirkt im Betrieb darauf hin, dass Präventionsmaßnahmen / Rehabilitationsmaßnahmen umgesetzt werden.