Kinderbetreuung
An der beruflichen Kinderbetreuung sind viele Berufsgruppen insbesondere Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen, Sozialpädagoginnen und Heilpädagoginnen beteiligt – 95 % der Beschäftigten sind weiblich.
In Deutschland gab es 2012 in Kinderbetreuungseinrichtungen über 468000 Beschäftigte. Davon waren 444000 unmittelbar mit der Kinderbetreuung betraut (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden).
Der Arbeitsschutz in den Kinderbetreuungseinrichtungen hat das Ziel die mit der Tätigkeit verbundenen Belastungen zu reduzieren oder Beschäftigte in die Lage zu versetzen besser damit umzugehen.
In den Jahren 2008/2009 haben sich die bayerischen Gewerbeärzte im Rahmen einer Schwerpunktaktion eingehender mit dem Arbeitsschutz in Kindergärten und Kinderkrippen befasst. Die Ergebnisse dieser Aktion sind im Internet beim Landesgesundheitsamt Bayern (LGL) nachzulesen.
Welche Kinderbetreuungseinrichtungen finden im Folgenden besondere Berücksichtigung?
Zu den Kindertageseinrichtungen zählen nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) Kinderkrippen, Kindergärten, Horte und Häuser für Kinder. In den nachfolgenden Ausführungen sind insbesondere Kindertageseinrichtungen, die Kinder von der Geburt bis zur Einschulung betreuen, also Kinderkrippen und Kindergärten berücksichtigt.
Welchen Belastungen sind die Beschäftigten bei der Kinderbetreuung besonders ausgesetzt?
Untersuchungen und Befragungen der Beschäftigten zeigen, dass insbesondere folgende Belastungen auftreten: Lärm, Belastungen beim Sitzen, Stehen, Heben, Tragen, durch ungünstige Körperhaltungen, psychische Belastungen, Infektionsgefährdungen.
Lärm
In Kindertageseinrichtungen werden häufig Lärmpegel von über 80 dB(A), selten über 85 dB(A) erreicht. Lärmschwerhörigkeit kann erst ab Schallpegeln von 85 dB(A) mit einer täglichen Einwirkungsdauer von 8 Stunden entstehen, so dass Erzieherinnen davon nicht betroffen sind. Dauernder Lärm durch Kinder ist psychisch belastend und führt zur verringerten Sprachverständlichkeit bei der Kommunikation.
Ergonomie
Durch langes Stehen, häufiges Tragen von Kindern, Sitzen auf ungeeigneten (Kinder-) Stühlen, gebeugter Haltung beim Umgang mit Kindern wird das Muskel-Skelettsystem von Erzieherinnen stark beansprucht.
Infektionsgefährdung
Kinder infizieren sich mit bestimmten Krankheitserregern häufiger als Erwachsene. Oft sind diese Erkrankungen erst erkennbar, wenn längst andere Kinder oder auch das Personal bereits angesteckt sind. Zu den hier besonders zu beachtenden Infektionskrankheiten zählen Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten, Windpocken, Ringelröteln, Cytomegalie. In Waldkindergärten kann dazu eine Infektion mit den Erregern der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) und der Borreliose durch Zeckenstiche kommen.
Welche negativen Folgen haben die Fehlbelastungen am Arbeitsplatz für Mitarbeiter und Unternehmen?
Lärm - Der Lärm kann Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit und den Gemütszustand der Beschäftigten mit entsprechenden Auswirkungen auf die Motivation, die Belastbarkeit und Qualität der Tätigkeit haben.
Arbeitsplatzverhältnisse, die nicht ergonomisch gestaltet sind, können akute oder chronische Schmerzen des Muskelskelettsystems und bei langdauernder Einwirkung Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule hervorrufen. In besonders schwerwiegenden Fällen können daraus häufigere Arbeitsunfähigkeitszeiten oder frühzeitige Aufgabe der beruflichen Tätigkeit resultieren.
Infektionen können unmittelbar die Gesundheit beeinträchtigen (z.B. Fieber, Müdigkeit, Hautausschläge, Atemnot, Nervenschäden) oder Beschäftigte, Schwangere, in einigen Fällen auch das ungeborene Kind dauerhaft schädigen.
Was können die Kinderbetreuungseinrichtungen gegen Fehlbelastungen der Mitarbeiter tun?
Eine Minderung der Lärmbelastung kann durch technische (z.B. zum Boden passende Stuhlgleiter, Schallabsorptionsflächen an Decken und Wänden) oder organisatorische Maßnahmen (z.B. Verhaltensänderungen der Kinder im Umgang mit anderen Kindern und mit den Betreuerinnen, ohne die Kinder dabei in ihren Entfaltungsmöglichkeiten zu beeinträchtigen).
Als Maßnahmen zur Verbesserung der Ergonomie kommen z.B. Wickeltische auf Arbeitshöhe, normale oder besonders auf die Bedürfnisse im Kindergarten konstruierte Bürostühle, Küchenzeilen auf Erwachsenenhöhe infrage.
Gegen die Infektionen kann teilweise im Vorfeld geimpft werden. Es kann sein, dass schwangere Mitarbeiterinnen abhängig von den konkret vorliegenden Verhältnissen und der eigenen Abwehrlage vorübergehend oder ganz aus der Tätigkeit herausgenommen werden müssen.
Der erste Schritt gegen psychische Fehlbelastungen ist die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen in der Einrichtung. Damit kommt die Einrichtung auch der Verpflichtung zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung nach und hat eine gute Grundlage geschaffen, um Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen effizient einzuleiten. Dabei sollten die vorhandenen Erkenntnisse von Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, der Mitarbeitervertretung bzw. der Beschäftigten selbst einbezogen werden.
Welche Vorteile hat die Vermeidung von Fehlbelastungen für das Unternehmen?
Gute, d.h. menschengerechte Arbeitsbedingungen führen zu: zufriedenen und motivierten Beschäftigten; weniger Fehlern und besserer Qualität von Produkten und Dienstleistungen; weniger Ausfallzeiten und Fluktuation; besserer Kommunikation und einem guten Betriebsklima; einem guten Firmenimage und der Bindung qualifizierter Mitarbeiter an das Unternehmen; und einer Erfüllung der gesetzlichen Pflichten.
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es?
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) legt fest, dass Arbeitgeber durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten zu sichern und zu verbessern haben.
„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“ (§ 3 Abs. 1 ArbSchG); diese „… Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; …" (§ 4 ArbSchG); „durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind" (§ 5 ArbSchG).
„Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes (§ 2 Abs. 1) sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit." (§ 2 Abs. 1 ArbSchG);
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind neben stofflichen, physikalischen und anderen Einwirkungen auch solche durch psychische Belastungen zu betrachten, die im Falle einer Fehlbelastung zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen können. Eine gesonderte Gefährdungsbeurteilung ist für Schwangere erforderlich. Im Mutterschutzgesetz (MuSchG), der Mutterschutzarbeitsverordnung (MuSchArbV) und der Bayerischen Mutterschutzverordnung (BayMuttSchV; gültig für Beamtinnen) sind Verfahrensweisen festgelegt, die eine Schädigung werdender Mütter oder der ungeborenen Kinder verhindern sollen.
Wo können sich Unternehmen und Beschäftigte qualifizierten Rat holen?
Die Verantwortung für den Arbeitsschutz trägt der Unternehmer. Die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt bzw. überbetriebliche Dienste beraten Unternehmer und Beschäftigte. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit berät bei der Planung und Gestaltung der Arbeitsbedingungen, vor allem im Zusammenhang mit sicherheitstechnischen und ergonomischen Fragenstellungen. Der Betriebs-/Personalrat hat eine zentrale Rolle im Arbeits- und Gesundheitsschutz und verfügt über Rechte und Pflichten bei der Ermittlung von Gefährdungen und bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Als Experten für die gute Gestaltung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufen steht auch die Bayerische Gewerbeaufsicht zur Verfügung, die über Pflichten und die gesetzlichen Hintergründe informiert und eine Anschubberatung bieten kann.
Weiterführende Informationen
Recht
- Arbeitsschutzgesetz (BMJV)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
- Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbmedVV)
- Mutterschutzgesetz (MuSchG)
- Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV – nur für Beamtinnen)
- Arbeitsmedizinische Vorsorge - Mutterschutz Jugendarbeitsschutz
bei der beruflichen Betreuung von Kindern in Bayern
- Empfehlungen für Arbeitgeber, Betriebsärzte, Beschäftigte (PDF)
Informationen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Informationen verschiedener Bundesländer
- Sachsen:
Erzieherinnengesundheit Handbuch für Kita-Träger und Kita-Leitungen - Baden-Württemberg:
Merkblatt „Schwangere Frauen im beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen“ (PDF) - Nordrhein-Westfalen:
Mutterschutz bei beruflichem Umgang mit Kindern. Gesundheitsgefahren während Schwangerschaft und Stillzeit erkennen und vermeiden (PDF) - Niedersachsen:
Ratgeber "Mutterschutz - Vorschulische Kinderbetreuung"