Arbeitsmedizinischen Vorsorge
Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ist die Rechtsgrundlage für die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge in der betrieblichen Praxis. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist eine individuelle Präventionsmaßnahme und ergänzt technische und organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen. Sie dient der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit einerseits und physischer und psychischer Gesundheit andererseits, der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen und der Feststellung, ob bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht.
Ziel
Ziel arbeitsmedizinischer Vorsorge ist nicht, den Nachweis gesundheitlicher Eignung oder Nichteignung für bestimmte berufliche Anforderungen zu führen. Vielmehr sollen die Beschäftigten durch eine individuelle betriebsärztliche Aufklärung in die Lage versetzt werden, Gefährdungen bei der Arbeit erkennen, individuelle Risiken abschätzen und ihr eigenes Verhalten danach ausrichten zu können. Für eine gute persönliche Beratung kann es erforderlich sein, bestimmte ärztliche Untersuchungen durchzuführen. Hierzu bedarf es allerdings der Zustimmung des Beschäftigten, d.h. der Betriebsarzt legt einvernehmlich mit dem Beschäftigten fest, welchen Umfang körperliche und klinische Untersuchungen haben. In jedem Fall aber beinhaltet die arbeitsmedizinische Vorsorge ein ärztliches Beratungsgespräch mit der Erhebung der gesundheitlichen und beruflichen Vorgeschichte.
Drei Arten der Vorsorge
Die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung unterscheidet drei Arten der Vorsorge und staffelt diese dem Gefährdungsgrad entsprechend:
Pflichtvorsorge bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten, Angebotsvorsorge bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten und Wunschvorsorge bei vom Mitarbeiter gewünschten Anlässen. So ist beispielsweise bei der Überschreitung von Gefahrstoffgrenzwerten am Arbeitsplatz arbeitsmedizinische Vorsorge vom Arbeitgeber zu veranlassen und vom Arbeitnehmer – im Sinne der Erfüllung einer Tätigkeitsvoraussetzung – auch wahrzunehmen (= Pflichtvorsorge). Werden körperliche und klinische Untersuchungen dabei abgelehnt (siehe oben), könnte man von einer “Pflichtberatung“ sprechen. Bei einer Exposition gegenüber Gefahrstoffen unter Einhaltung des jeweiligen Grenzwertes ist vom Arbeitgeber arbeitsmedizinische Vorsorge lediglich anzubieten (= Angebotsvorsorge). Die Wahrnehmung der Angebotsvorsorge ist dem Arbeitnehmer dabei freigestellt. Wunschvorsorge kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn Beschäftigte zwischen einer psychischen Störung und ihrer Tätigkeit einen Zusammenhang vermuten.
Pflichten
Nicht nur die Pflichten des Arbeitgebers bezüglich der arbeitsmedizinischen Vorsorge im Betrieb sondern auch diejenigen des die Vorsorge durchführenden Arztes sind in der Verordnung festgelegt. Ganz im Vordergrund stehen dabei die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht und die informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Mitarbeiters. So erfährt der Arbeitgeber vom Arzt keine Diagnosen, keine Untersuchungsbefunde, keine Einzelheiten des Gespräches zwischen Beschäftigtem und Betriebsarzt, keine Angaben zur Eignung des Mitarbeiters für eine Tätigkeit, keine gesundheitlichen Bedenken im Zusammenhang mit der Arbeit und auch keine weitreichenden ärztlichen Vorschläge, wie die Empfehlung eines Tätigkeitswechsels – außer natürlich, der Beschäftigte stimmt einer Weitergabe entsprechender Informationen ausdrücklich zu.
Kosten
Geregelt ist auch, dass die Kosten für die arbeitsmedizinische Vorsorge vom Arbeitgeber zu tragen sind und die Durchführung der Vorsorge während der Arbeitszeit erfolgen soll. Die Erkenntnisse, die der Betriebsarzt durch die individuelle Vorsorge gewinnt, hat er zu sammeln und auszuwerten. Ergeben sich dabei Anhaltspunkte, dass zusätzliche oder andere Präventionsmaßnahmen sinnvoll und notwendig sind, muss er dem Arbeitgeber – unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht – entsprechende, möglichst konkrete Verbesserungsvorschläge machen. D.h. die Erkenntnisse aus der individuellen Vorsorge sollen auf diese Weise für den generellen Arbeitsschutz im Betrieb nutzbar gemacht werden.
Konkretisierungen und Detailregelungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge gibt es in Form der Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR). Sie geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder, werden vom Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) verfasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben. Eine Übersicht über die bisher veröffentlichten Arbeitsmedizinischen Regeln findet sich auf den Seiten der Bundeanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).